Ecopop klein

Ecopop – Wundermittel oder Placebo?

Die reatch Arbeitsgruppe ‚Wissenschaft & Migration‘ hat die am 30. November 2014 zur Abstimmung gelangende Ecopop-Initiative einem wissenschaftlichen Faktencheck unterworfen und die Auswirkungen einer Annahme auf den Wissenschafts- und Forschungsstandort Schweiz untersucht.

Eine Analyse zur kommenden Abstimmung

Ecopop und die Herausforderungen des globalen Bevölkerungswachstums

Die Initianten sprechen mit der Frage nach den ökologischen Folgen eines weltweiten Bevölkerungsanstiegs ein wichtiges Thema an, doch die Initiative ist ungeeignet, um eben diese Folgen anzugehen. Die Forderung, mindestens 10% der DEZA-Hilfsgelder zur Förderung der freiwilligen Familienplanung einzusetzen, ist nämlich aus dreierlei Hinsicht verfehlt:

Die Initianten schliessen voreilig auf einen direkten Zusammenhang zwischen Bevölkerungswachstum in Entwicklungsländern und einer ökologischen Mehrbelastung für die Umwelt (Kapitel 1.1. und 1.2.).Die Herausforderungen des globalen Bevölkerungswachstums können über eine Verbesserung der globalen Nahrungsmittelsicherheit und der Etablierung eines nachhaltigen Landwirtschaftssystems angegangen werden (Kapitel 1.3.1).Die Förderung freiwilliger Familienplanung kann nur dann erfolgreich sein, wenn sie mit stabilen politischen Verhältnissen, einem verlässlichen Gesundheitssystem sowie einer Stärkung von Frauenrechten einhergeht (Kapitel 1.3.2).

Auswirkungen der Ecopop-Initiative auf den Wissenschaftsstandort Schweiz

Auch in Bezug auf die zweite Kernforderung der Initiative, der Reduktion der Nettomigration auf 0.2% jährlich, offenbaren unsere Untersuchungen verschiedene Probleme:

Der von den Initianten behauptete Zusammenhang zwischen Einwanderung und Zersiedelung ist nicht haltbar (Kapitel 2.1).Die Einwanderung in die Schweiz wurde bis anhin stark vom Arbeitsmarkt getrieben, wobei sich ein mangelndes Angebot von qualifizierten Fachkräften in der Schweiz offenbarte. Eine Reduktion des Einwanderungssaldos auf 0.2% würde aber an den Ursachen der Migration nichts ändern und damit einen wirtschaftlich verheerenden Arbeitskräftemangel zur Folge haben (Kapitel 2.2 und 2.3).Die Annahme der Initiative würde in weiten Teilen der Wirtschaft, aber insbesondere im Wissenschafts- und Technologiebereich zu massiven Rekrutierungsproblemen führen. Eine verstärkte Förderung einheimischer Fachkräfte ist wünschenswert, kann jedoch nicht in wenigen Jahren realisiert werden. Die von den Initianten vorgegebene Umsetzungsfrist der Initiative ist deshalb viel zu kurz, um entsprechende Massnahmen ergreifen zu können (Kapitel 2.4).

Fazit: Aus diesen Gründen sprechen sich die Autoren der Analyse klar gegen die Initiative aus. Die vorgeschlagenen Massnahmen halten einer genaueren Nutzenanalyse nicht stand und können das weltweite Bevölkerungswachstum nicht wirksam eindämmen. Zudem erwachsen dem Schweizer Wissensschafts- und Technologiestandort schwerwiegende Nachteile, wenn nach einer Annahme die benötigten Fachkräfte fehlen.

Der vorliegende Blogeintrag gibt die persönliche Meinung des Autors wieder und entspricht nicht zwingend derjenigen von Reatch oder seiner Mitglieder.

Download Policy-Paper von Reatch zur Ecopop-Initiative

Autor*innen

Autor*in

Carlos Mora hat an der ETH Zürich sein Bachelor- und Masterstudium in Biologie mit der Spezialisierung Mikrobiologie und Immunologie absolviert und schloss dieses 2012 ab. Danach hat er am Institut für Chemie- und Bioingenieurwissenschaften an der ETH Zürich in den Bereichen Nanotechnologie und Biosensoren doktoriert und arbeitet nun seit 2016 bei einem Medtech-Startup. Neben reatch engagiert er sich auch noch in der Politik und für Umweltorganisationen.

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